▼ Was ist Diskriminierung?
Diskriminierungen verletzen. Sie tun weh und dennoch sind diskriminierende Verhaltensweisen und Strukturen auch heute noch alltäglich. Wir finden sie auf dem Arbeitsmarkt, dem Wohnungsmarkt, in Bildungs- und Freizeiteinrichtungen. So unterschiedlich die Tatorte von Diskriminierungen sind, so vielfältig sind auch die Erscheinungsformen – diskriminierende Witze, offene Beleidigungen, Mobbing, (sexuelle) Belästigung. Doch was genau versteht man unter Diskriminierung?
Diskriminierung, egal in welcher Form, ist immer eine schmerzliche Erfahrung, die nie folgenlos bleibt. Die Verwendung von vermeintlich trennscharfen Kategorien, mit denen Menschen in fest abgrenzbare Gruppen unterteilt werden und die damit einhergehende Rechtfertigung von Ungleichbehandlung führen nicht nur zur Ausgrenzung und zu weniger Chance auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, sondern auch immer zu Identitätsfragen. Selbstwahrnehmung und die eigene Position in der Gesellschaft werden dabei schnell in Frage gestellt.
Wann genau spricht man von einer Diskriminierung?
Einfach ausgedrückt, macht dieser Begriff deutlich, dass Gleiches eben nicht gleichbehandelt wird.
Das heißt aber auch, eine Ungleichbehandlung liegt vor, wenn Menschen, die nicht dieselben Voraussetzungen haben, nach dem gleichen Maßstab bewertet werden. Kinder, die nicht mit Deutsch als Erstsprache aufgewachsen sind und eine Bildungseinrichtung besuchen, welche lediglich auf deutschsprachige Kinder ausgerichtet ist, erleben eine Benachteiligung.
Wichtig ist auch, dass für eine Ungleichbehandlung nicht die Motive der handelnden Personen entscheidend sind, sondern das Ergebnis bzw. die Auswirkung einer Handlung.
Ist eine Ungleichbehandlung immer auch eine Diskriminierung?
Entscheidend hierfür ist die zugeschriebene Gruppenzugehörigkeit. Personen werden aufgrund (angenommener) Persönlichkeitsmerkmale, die sie selbst nicht oder nur schwer ändern können, ausgegrenzt.
Es muss darauf hingewiesen werden, dass unser Diskriminierungsverständnis einem ständigen Lernprozess unterworfen ist. Denn welche Diskriminierungsmerkmale anerkannt werden, hängt von vielen äußeren und gesellschaftlichen Entwicklungen ab und kann noch lange nicht als abgeschlossen verstanden werden.
▼ Diskriminierung nach dem AGG
Um sich auf bei einer Diskriminierung auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzt beziehen zu können, müssen folgende drei Faktoren erfüllt sein: „Diskriminierung ist die Benachteiligung von Menschen (1) aufgrund eines schützenswerten Merkmals (2) ohne sachliche Rechtfertigung (3)“. (siehe Leitfaden „Beratung bei Diskriminierung“, S. 9)
(1) Benachteiligung: jede Form der weniger günstigen Behandlung. Wenn Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich behandelt werden. Entscheidend dabei ist die Wirkung, das Ergebnis, nicht die Absicht. Benachteiligung kann unmittelbar und mittelbar erfolgen.
(2) schützenswerte Merkmale: das AGG definiert sechs Merkmale als besonders schützenswert: rassistische Zuschreibung und/oder ethnische Herkunft; das Geschlecht; die Religion und/oder Weltanschauung; eine Behinderung; das Lebensalter; die sexuelle Identität oder Orientierung. Diese Aufzählung wird als unvollständig kritisiert.
(3) Sachliche Rechtfertigung: juristisch gesehen ist eine Ungleichbehandlung nur dann Diskriminierung, wenn keine sachliche Begründung vorliegt. Sachliche Begründungen können z.B. Nachteilsausgleiche oder Altersbeschränkungen zum Jugendschutz sein.
Leider gilt das AGG bislang nur für die Bereiche Beschäftigung und betriebliche Ausbildung und für Verträge mit privaten Bildungseinrichtungen, d.h. staatliche Einrichtungen sind davon ausgeschlossen. Schüler*innen und Studierende, die eine staatliche Bildungseinrichtung besuchen, können sich bei Diskriminierungsfällen nicht auf das AGG berufen.
Ebenso haben kirchliche Arbeitgeber*innen die Möglichkeit das AGG zu umgehen, ihnen ist es erlaubt von ihren Angestellten ein „loyales wie aufrichtiges“ Verhalten im Sinne des jeweiligen Selbstverständnisses der Einrichtung zu erwarten, wodurch nicht-christliche und homosexuelle Menschen von diesem Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden.
Weiter gilt das AGG auch für den zivilrechtlichen Verkehr, d.h. Clubbetreiber*innen ist es bspw. untersagt, Menschen aufgrund eines geschützten Merkmals den Zugang zu verweigern. In solchen Fällen können betroffene Personen Beschwerde einreichen und gegebenenfalls Schmerzensgeld einklagen.
▼ Was ist unmittelbare Diskriminierung?
Eine unmittelbare Diskriminierung meint eine Benachteiligung, die direkte Folge von Strukturen oder Handlungen ist und sich ganz deutlich auf eines oder mehrere geschützte Merkmale bezieht.
Beispiel: Wird Personen der Zutritt zu einer Diskothek verwehrt mit der Begründung: Die Betreiber*innen möchten nicht so viele „Ausländer im Laden“, handelt es sich um eine unmittelbare Diskriminierung.
▼ Was versteht man unter mittelbarer Diskriminierung?
Oft erscheinen Strukturen und Handlungen neutral und vorurteilsfrei, doch können auch diese zu Ungleichbehandlungen und Benachteiligungen führen. Werden also Diskriminierungsmerkmale nicht offen als Vorgabe oder Begründung angeführt und dennoch bestimmte Personenkreise ausgeschlossen, ist von einer mittelbaren Diskriminierung die Rede.
Beispiel: Werden in einem Betrieb Teilzeitkräfte schlechter bezahlt, scheint dies alle Menschen gleichermaßen zu betreffen. Sind jedoch hauptsächlich Frauen und ältere Menschen in einem solchen Beschäftigungsverhältnis, werden diese Personengruppen durch eine solche Regelung benachteiligt.
▼ Was bedeutet Mehrfachdiskriminierung / intersektionale Diskriminierung?
Wird ein Bezug zu mehreren Diskriminierungskategorien hergestellt und Personen nicht allein aufgrund eines Merkmals diskriminiert, kann dies als Mehrfachdiskriminierung bezeichnet werden.
Beispiel: Einer blinden Frau wird unterstellt, keine Chancen auf eine Ehe zu haben, da sie als blinde Frau nicht einmal kochen könne. Eine solche Aussage bezieht sich zum einen auf das vorherrschende Rollenbild der Frau zum anderen werden dadurch Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung ausgedrückt.